Laut Studien hören fünf bis zehn Prozent aller Menschen manchmal Stimmen, ohne dass eine Erkrankung dahinter steckt - etwa von verstorbenen Angehörigen oder höheren Wesen. Das Phänomen betrifft also nicht nur Menschen mit einer psychiatrischen Krankheit, wie allgemein angenommen wird. Dort sind Halluzinationen allerdings eine häufige Begleiterscheinung. "Mehr als siebzig Prozent der Menschen mit Schizophrenie hören Stimmen", sagt der vom SNF geförderte Neurowissenschaftler Pavo Orepic. Und das Schlimme daran: Was sie sagen, ist meist sehr negativ. "Manchmal reden sie den Menschen täglich schreckliche Dinge ein, beispielsweise, dass sie nichts wert sind und dass sie sich Schaden zufügen sollen."
Im Team von Olaf Blanke an der EPFL hat Orepic ein Verfahren entwickelt, das die Wahrnehmung von Stimmen künstlich induziert. Damit können die Forschenden die Entstehung von auditorischen Halluzinationen nun bei gesunden Personen untersuchen und Ansatzpunkte für mögliche Therapien identifizieren. Denn die bis jetzt eingesetzten Psychopharmaka mildern zwar zu einem gewissen Grad die Symptome, doch sie haben einen unspezifischen Effekt auf viele Systeme im Körper und lösen starke Nebenwirkungen aus. Die Aufklärung der Mechanismen hinter dem Stimmenhören könnte zur Entwicklung von spezifisch wirkenden Behandlungen führen.
"Wir haben eigentlich noch keine Ahnung, was bei auditorischen Halluzinationen im Gehirn passiert", so Orepic. Einige Studien deuten darauf hin, dass sie auftreten können, wenn sensorische Eindrücke nicht den Erwartungen des Gehirns entsprechen - wie etwa, wenn man sich ein vermeintlich süsses Gebäck in den Mund steckt, das dann salzig schmeckt. Andere Untersuchungen fanden eine alternative Erklärung: Sie besagt, dass Halluzinationen auftauchen, wenn das Gehirn schon durch vorherige Eindrücke geprägt ist und deshalb Sinneswahrnehmungen verfälscht interpretiert.
Experiment verwirrt Gehirn absichtlich
Orepic hat nun ein Experiment entworfen, das diese beiden Mechanismen gleichzeitig triggert: Die Versuchspersonen drücken mit verbundenen Augen auf einen Hebel, der sich vor ihnen befindet - und bekommen gleichzeitig von einem für sie nicht sichtbaren Roboter einen Stups in den Rücken versetzt. Der sensorische Eindruck entspricht also nicht den Erwartungen des Gehirns, wie in der ersten Theorie beschrieben. Mit der Zeit generiert dies für die Personen die Illusion, dass sie sich selbst am Rücken berühren, das belegen frühere Studien.
Haben sich die Personen an diese Erfahrung gewöhnt, so wird der Stups minim verzögert. "Das Gehirn muss nun eine Erklärung dafür finden, etwa die Anwesenheit einer zusätzlichen Person", so Orepic. Eine solche falsche Präsenzwahrnehmung kann laut der zweiten Theorie Halluzinationen begünstigen. Um festzustellen, ob dieses Verfahren Stimmenhören fördert, spielten die Forschenden den Versuchspersonen anschliessend Geräusche vor, denen ganz leise mal fremde Stimmen, mal die eigene Stimme oder mal keine Stimmen beigemischt waren. Tatsächlich hörten Personen nach der Roboterprozedur mit dem verzögerten Stupser gegenüber Kontrollbedingungen häufiger fremde Stimmen in den Geräuschen - auch wenn gar keine Stimme beigemischt war.
Die Anlagen sind bei allen vorhanden
"Das Resultat zeigt, dass sich die beiden Theorien zur Entstehung von Halluzinationen möglicherweise ineinandergreifen", so Orepic. Es sei zudem ein grosser Fortschritt, dass sich mit dieser Methode nun Stimmenhören unter kontrollierten Bedingungen bei gesunden Menschen erforschen lassen. Denn bei Menschen, die aufgrund einer Erkrankung Stimmen hören, werden Experimente oft von Medikamenten oder anderen Effekten überlagert, was die Interpretation der Resultate erschwert. "Unsere Studie bestätigt, dass die Mechanismen, die hinter den Halluzinationen stecken, eigentlich in jedem Hirn vorhanden sind", so Orepic. "Aber aus irgendwelchen Gründen sind manche anfälliger dafür als andere."
Orepic glaubt, dass die Grenze zwischen harmlosen und krankhaften Halluzinationen sowieso fliessend verläuft: Als Kriterium dafür könne gelten, ob das Hören von Stimmen das Leben von Menschen negativ beeinflusst - sie zum Beispiel dazu bringt, sich selbst zu verletzen oder sie daran hindert, ein eigenständiges Leben zu führen. Im Gegensatz dazu können Stimmen auch harmlos oder sogar positiv wirken, etwa wenn die verstorbene Grossmutter gute Ratschläge gibt.
Mit seiner Forschung hofft Orepic, letztendlich auch zur Entstigmatisierung von Menschen, die Stimmen hören, beizutragen. "Das kann nur passieren, wenn wir noch mehr wir über die Ursachen von Halluzinationen herausfinden und die Leute darüber aufklären können."
Der Text dieser News und weitere Informationen stehen auf der
Pressekontakt:
Pavo Orepic;
Universität Genf
Campus Biotech
Chemin des Mines 9
1202 Genf
E-Mail:
Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) fördert im Auftrag des Bundes die Forschung in allen wissenschaftlichen Disziplinen, von Geschichte über Medizin bis zu den Ingenieurwissenschaften
Um die nötige Unabhängigkeit sicherzustellen, wurde der SNF 1952 als privatrechtliche Stiftung gegründet. Im Zentrum seiner Tätigkeit steht die Evaluation von Forschungsgesuchen. Mit der kompetitiven Vergabe öffentlicher Gelder trägt der SNF zur hohen Qualität der Schweizer Forschung bei.
In enger Zusammenarbeit mit Hochschulen und weiteren Partnern setzt sich der SNF dafür ein, dass sich die Forschung unter besten Bedingungen entwickeln und international vernetzen kann. Besondere Aufmerksamkeit schenkt der SNF dabei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Zudem übernimmt er im Rahmen von Evaluationsmandaten die wissenschaftliche Qualitätskontrolle von grossen Schweizer Forschungsinitiativen, die er nicht selbst finanziert.
Schweizerischer Nationalfonds SNF (Firmenporträt) | |
Artikel 'Wie der Stups durch einen Roboter Stimmenhören triggert...' auf Swiss-Press.com |
Arzneimittelüberprüfung 2024 - Einsparungen von 90 Millionen
Bundesamt für Gesundheit BAG, 31.10.2024Entlassungen bei der Zehnder Group AG
Angestellte Schweiz, 31.10.2024Nutzung der biologischen Vielfalt zur Anpassung an Klimawandel: eine Erfindung von Monsanto
Swissaid, 31.10.2024
04:40 Uhr
Brennende Wahlzettel und Manipulation: Ist die US-Wahl noch ... »
03:00 Uhr
US-Flugzeugbauer unter Druck: Boeing bietet streikender ... »
01:30 Uhr
Apples Antwort auf Chat GPT ist endlich hier: Kann die KI das ... »
21:52 Uhr
Hunderte Personen vorübergehend auf Jungfraujoch gestrandet »
19:52 Uhr
Schwarz Digits und Deutsche Bahn stellen DataHub Europe vor »
1664 Original Lager Bier 24x50cl
CHF 21.90 statt 43.80
Coop
19 Crimes Chardonnay South Eastern Australia - Chard
CHF 7.95 statt 9.95
Coop
19 Crimes Red Blend South Eastern Australia - The Banished
CHF 11.95 statt 14.95
Coop
19 Crimes Red Wine California – Snoop Dog
CHF 11.95 statt 14.95
Coop
Aargau AOC Blauburgunder Falkenkönig Weinkeller zum Stauffacher
CHF 7.95 statt 9.95
Coop
Aargauer AOC Riesling-Sylvaner Falkenkönig
CHF 7.15 statt 8.95
Coop
Aktueller Jackpot: CHF 1'066'642