"Bei einer möglichen neuen Pandemie in der Zukunft werden wir nicht mehr bei null anfangen müssen, wie dies beim Kampf gegen das Coronavirus der Fall war", bilanzierte Barbara Rath. Die Wissenschaftlerin war an der österreichischen Vienna Vaccine Safety Initiative beteiligt und ist Mitglied der Leitungsgruppe des Nationalen Forschungsprogramms "Covid-19" (NFP 78). Sie sprach an der SNF-Corona-Forschungskonferenz Ende März in Thun, an der über 250 Forschende teilnahmen (siehe Box). Deren Themen waren der Austausch über die Lehren, die aus der Pandemie gezogen wurden, und die Herausforderungen für die Zukunft.
Die wichtigste Lektion ist ganz einfach: Auch wenn Covid-19 uns überrascht hat, war die dadurch ausgelöste Pandemie nicht ganz unvorhersehbar. So lautet zumindest die Einschätzung der Epidemiologin Lone Simonsen, Leiterin des Zentrums für Pandemieforschung an der dänischen Universität Roskilde, die auf die Pandemien der letzten 100 Jahre zurückgeblickt hat.
Wellenartige Entwicklung wie bei der Grippe
Warum gelang es diesem Virus aus der Familie der Coronaviren überhaupt, sich in der Bevölkerung auszubreiten, während Sars-Cov im Jahr 2003 und Mers-Cov im Jahr 2012, zwei weitere Viren aus der Familie der Coronaviren, schnell ausgerottet werden konnten? "Das Covid-19-Virus war bereits zwei Tage vor dem Auftreten von Symptomen ansteckend, und einige Menschen hatten überhaupt keine Symptome, was die schnelle Explosion der Fälle begünstigte", so die Wissenschaftlerin. Ein weiterer erschwerender Faktor war, dass die Übertragung des Virus durch die Luft nicht von Anfang an klar kommuniziert wurde.
Auch die Aufsichtsbehörden und Forschenden waren überrascht, da sie mit einem Influenza-Virus gerechnet hatten - dem Grippevirus. Die Pandemien der letzten 100 Jahre - Spanische Grippe 1918, Asiatische Grippe 1957, Hongkong-Grippe 1968 und Influenza A (H1N1) 2009 - seien denn auch alle von Influenza-Viren verursacht worden, erinnerte sich die Wissenschaftlerin.
In vielen Punkten ähnelt die Covid-19-Pandemie jedoch früheren Ausbrüchen. So hat sie sich ebenfalls in Wellen entwickelt und wird wahrscheinlich auch irgendwann endemisch werden und als saisonales Virus auftreten. "Es gibt jedoch noch einige Unbekannte im Zusammenhang mit Covid-19, wie zum Beispiel die Fälle von Long Covid, bei denen noch viele Aspekte nicht bekannt sind", so Simonsen.
Vom Coronavirus zu rheumatischen Erkrankungen
Während man im Umgang mit diesmal von den Erfahrungen aus früheren Pandemien profitieren konnte, gab es auch Lehren über den Umgang mit der Pandemie und über die Erkenntnisse, die durch die wissenschaftliche Forschung gewonnen wurden. Mit den Ergebnissen des Nationalen Forschungsprogramms "Covid-19" (NFP 78), den Erkenntnissen der Sonderausschreibung Coronaviren und bald auch des NFP 80 steht ein grosser Wissensschatz in verschiedenen Bereichen zur Verfügung: Know-how über das Virus und seine Übertragungswege, Möglichkeiten der Krankheitsbekämpfung und für das Patientenmanagement. In ihrer fast dreijährigen Forschungsarbeit haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beispielsweise Erkenntnisse über die Diagnose und die Vorhersage des Verlaufs der Covid-19-Krankheit mithilfe künstlicher Intelligenz gewonnen - Informationen, die auch auf andere Krankheiten wie rheumatische Erkrankungen übertragen werden können. Andere Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass die Reduktion der Kontakte von Erwachsenen und älteren Menschen nicht ausreicht, um eine Epidemie wie Covid-19 unter Kontrolle zu bringen. Hingegen ist die Halbierung der Kontakte der gesamten Bevölkerung, einschliesslich der Kinder, hilfreich.
Zudem hängt ein gutes Krisenmanagement nicht nur von wissenschaftlichen Erkenntnissen ab. Voraussetzung ist auch, dass Bund und Kantone vorbereitet sind und schnell und einheitlich reagieren, wie mehrere Referierende an der Konferenz in Thun betonten. Denn die nächste Krise wird vielleicht nicht durch ein Coronavirus ausgelöst. Sie könnte von einem noch unbekannten Virus verursacht werden, über das wir wiederum nichts wissen - oder es könnte auch eine Klima- oder Finanzkrise sein.
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Erste vom SNF organisierte, interdisziplinäre Konferenz
An der SNF-Corona-Forschungskonferenz zogen Forschende der im März 2020 eröffneten Sonderausschreibung Coronaviren und des im April 2020 lancierten Nationalen Forschungsprogramms "Covid-19" (NFP 78) Bilanz über ihre Forschungsarbeiten. Die Konferenz diente auch als Startschuss für das Nationale Forschungsprogramm "Covid-19 in der Gesellschaft" (NFP 80). Dessen Ziel ist es, die gesellschaftlichen Dimensionen der Covid-19-Pandemie zu verstehen und Erkenntnisse zu erarbeiten, die für den Umgang mit künftigen Pandemien relevant sind.
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Artikel 'Covid-19-Forschung bereitet uns auf zukünftige Krisen vor...' auf Swiss-Press.com |
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